Oberziel: Behandlung und Reduzierung der Trauma-Folgeerkrankungen
In einer ersten Pilotstudie, welche in Zusammenarbeit mit der TU Braunschweig durchgeführt wurde, konnten signifikante Rückgänge in den Gesamtverhaltensauffälligkeiten bei den untersuchten 6- bis 10-jährigen von Bezugspersonen und Lehrern beurteilt werden. Unter den Kindern mit der jeweiligen Therapieindikation konnte ein erheblicher Rückgang mit großer Effektstärke an selbstbeurteilter PTBS- und Depressionssymptomatik gefunden werden (Leh, 2014).
Ziele des Versorgungsangebotes „Trauma First“:
Mit dem erarbeiteten Konzept für Kinder und Jugendliche mit Trauma-Folgestörungen wollen wir auf der Grundlage des Leitfadens „Gewalt gegen Kinder“ die hier intensivierte Früherkennung als Handlungsmöglichkeiten nutzen und in Kooperation mit Ärzten und Therapeuten durch neue ambulante Therapieansätze beispielhaft in Halle umsetzen. Eine frühzeitige Behandlung soll die Chronifizierung der Folgestörungen vermeiden und den Kindern und Jugendlichen ermöglichen, Ängste, Aggression und Bindungsunsicherheiten abzubauen und die traumatischen Ereignisse zu verarbeiten.
Zielgruppen
Kinder, Jugendliche und junge Frauen mit Trauma-Folgestörungen nach sexueller, körperlicher und psychischer Gewalt oder sonstigen traumatischen Ereignissen, sowie deren Familien und Bezugspersonen.
Praxistauglichkeit
Bei „Trauma First“ handelt es sich um ein junges, bundesweit einmaliges, innovatives Projekt, das im Frühjahr 2008 durch die Unterstützung der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt und der Techniker Krankenkasse auf der Grundlage eines 73c Vertrages gestartet ist. Die störungsspezifische Diagnostik und die anschließenden Behandlungskonzepte für die Einzel-, Familien- und Gruppen-sitzungen werden seit April 2008 praktisch umgesetzt. Der kindgerechte bzw. patientenorientierte und fröhliche Therapieansatz wird von den Familien sehr positiv aufgenommen. Auch die enge Kooperation mit den Kinderärzten erweist sich als sehr günstig und wird von Eltern und Kollegen geschätzt.
Aufbereitung der Patienteninformationen
Eltern und Kinder erhalten detaillierte Informationen über die bestehenden Störungsbilder. Für die kleineren Kinder wird ein Drache (Handpuppe) als Identifikationsfigur eingesetzt. In den Einzel- und Gruppensitzungen werden Strategien zum Umgang mit den Symptomen erarbeitet. Die Informationen sind altersgerecht aufbereitet.
Veränderung des Lebensstils, Motivation
Ziel ist die Entlastung der Familien und ein veränderter Umgang mit den Symptomen der Trauma-Folgestörungen im Alltag. Dies betrifft einerseits den Abbau der Symptome (Reduktion der Ängste, Umgang mit Schlafstörungen etc.) und andererseits gleichzeitig eine Veränderung des allgemeinen gesundheitsbezogenen Lebensstils − beispielsweise ein verändertes Ernährungs- und Bewegungsverhalten, die Einbindung der Kinder in Sportvereine und in andere Gruppenaktivitäten. Zusätzlich wird der Medienkonsum der Familie analysiert und gegebenenfalls mit den Familien ein altersgerechter Umgang erarbeitet und umgesetzt.
Stärkung der Patientensouveränität
Als Psychotherapeutinnen erarbeiten wir Stressbewältigungsstrategien, welche den Kindern und Jugendlichen helfen sollen, eigenständig Probleme zu bewältigen und Ängste abzubauen. Die Strategien werden den Kinder und Jugendlichen spielerisch vermittelt, sodass die Kinder diese in schulischen Situationen und im Alltag zu Hause selbstständig und eigenverantwortlich umsetzen können. Dazu erhalten die Kinder jede Woche Aufgaben und Vorschläge für Verhaltensexperimente durch Beobachtungsprotokolle werden die Strategien von den Kindern, Jugendlichen oder jungen Frauen auf ihre Umsetzbarkeit überprüft.
Kommunikation
Bei der Kommunikation mit den Familien steht das gemeinsame Erarbeiten von Lösungsstrategien im Vordergrund. Wir verzichten auf „belehren“ und „dozieren“. Wir gehen gemeinsam mit den Kindern auf Entdeckungsreise, um herauszufinden, was bei Stress im Körper passiert, wie viele Stunden ein Kind eigentlich normalerweise schläft oder was man gegen Alpträume machen kann.
Die Kommunikation zwischen Eltern, Kindern und Therapeutinnen ist durch Lebendigkeit und Konstruktivität gekennzeichnet.
Dokumentation des Entscheidungsprozesses
Der Entscheidungsprozess wird praxisintern dokumentiert. Die Teilnahme wird in einem speziell entwickelten Begleitheft festgehalten.
Kriterien zur Messung/ Beurteilung der Ergebnisse
Der Therapieverlauf wird sowohl durch eine prä-post-Diagnostik (Fragebogenverfahren, Klinische Interviews) als auch durch Verlaufsanalysen (Auswertung von Verhaltenstagebüchern) detailliert erfasst und statistisch ausgewertet.