Behandlungsprogramm

Gesamtbehandlungsplan zur ambulanten Therapie von Kindern und Jugendlichen nach sexueller, körperlicher oder psychischer Gewalt oder anderen psychischen Traumafolgeerkrankungen

Das Erstgespräch
Eine psychotraumatologische Erstberatung wird durchgeführt. Anliegen der Familie, aktueller Anlass der Konsultation und Motivation der Beteiligten werden erfasst. Weiterhin wird ein Grobscreening der vorliegenden Symptome durchgeführt. Ein TeilnehmerInnenheft (Anhang) wird angelegt, in dem alle Behandlungskontakte (regelmäßige Konsultationen des Kinderarztes, Hausarztes, Psychiaters etc.) erfasst werden. Eine Information der Krankenkasse erfolgt.

Die Diagnostik
Inhalt dieser Phase sind strukturierte traumaspezifische Diagnostik mit dem Kind, traumaspezifische Diagnostik mit den Eltern, ein strukturiertes klinisches Interview zur Erfassung der ICD-10 Diagnosen mit den Eltern (z.B. DIPS), ein klinisches Interview mit dem Kind, detaillierte Anamnese der psychischen und somatischen EntwickluTrolle_1ng des Kindes (Schwangerschaft, frühkindliche Entwicklung, Kindergarten, Schule bis dato).

Der Hausbesuch
Bei jeder Familie erfolgt ein Hausbesuch, um sich über das Familienklima, die Wohngegebenheiten und das Wohnumfeld des Kindes zu informieren.

Das Konsil mit dem Kinderarzt oder Hausarzt
Jedes Kind, jeder Jugendliche, jede junge Frau erhält eine spezielle konsiliarische Untersuchung beim behandelnden Kinder- oder Hausarzt. Hier werden anhand eines speziellen Leitfadens aktuelle und früher vorliegende somatische und psychosomatische Traumafolgen und Entwicklungsstörungen abgeklärt und im Quartalsbericht dokumentiert. Diese Untersuchung wird einmal in jedem Quartal während der Behandlung des Patienten wiederholt.

Die Auswertung, Fallbesprechung
In dieser Sequenz erfolgt die Auswertung und Interpretation der Testbefunde und der klinischen Interviews unter Hinzuziehung der Konsiliarbefunde. Die Ergebnisse werden bei Bedarf telefonisch mit den Mitbehandlern erörtert. Im Rahmen interner und/oder externer Fallbesprechungen erfolgt die Beurteilung der Situation unter traumaphasenspezifischen Gesichtspunkten und die Beratung über die Notwendigkeit weiterführender Maßnahmen. Im Ergebnis kann eine Indikations- und differenzielle Indikationsstellung getätigt und darüber entschieden werden, welche weiterführenden ambulanten Maßnahmen der Familie bzw. der jungen Frau angeraten werden sollen.

Die Auswertung und Rückmeldung im Familiengespräch
In einem Rückmeldegespräch erhält die Familie/die junge Frau detaillierten Einblick in die Ergebnisse der diagnostischen Phase. Die Auswertung und Interpretation der Testbefunde und der klinischen Interviews sowie der Konsiliarbefunde werden der Familie bzw. der jungen Frau verständlich dargelegt, sodass diese befähigt wird, eine verantwortliche Entscheidung über die weitere Behandlung zu treffen.

Wenn eine Behandlung indiziert ist, dann wird das Behandlungsangebot der Familie/der jungen Frau vorgestellt und erläutert. Motivation und Compliance aller beteiligten Familienmitglieder werden abgeklärt und mit der Familie besprochen, warum diese im Rahmen einer Heilbehandlung unerlässlich sind. Kommt eine Arbeitsallianz zustande, erfolgt die Einleitung der Behandlung, Einteilung in Schweregrad und Terminabsprachen.

Behandlungsphase

  1. Indikationsspezifisches Elterntraining

Mit den Eltern wird (wenn indiziert) ein indikations- und störungsspezifisches Elterntraining durchgeführt. Folgende Trainingsgruppen sollen angeboten werden:
– ein Gruppenangebot für Eltern von Kindern, die durch Fremdtäter oder externe Faktoren traumatisiert wurden,
– eine Elterngruppe intrafamiliale Gewalt.

Bei den indikationsspezifischen Elternsitzungen handelt es sich stets um eine ausgewogene Mischung zwischen Psychoedukation, praktischen Übungen, Rollenspielen und Auswertung von Alltagssituationen der Familie. Die Sitzungsthemen sind auf die Gruppenindikation abgestimmt (extern traumatisierte Kinder, intrafamiliale Traumatisierung). Inhaltliche Themen sind beispielsweise „Normale Reaktionen auf unnormale Ereignisse“, „Umgang mit den Ängsten der Kinder“, „Wie verhalte ich mich bei Alpträumen“, „Wohin mit meiner Wut“, „Was kann ich bei Überforderung tun“, „Förderung der Autonomie des Kindes“, „positive Familienaktivitäten“ und aktuelle Herausforderungen des Familienalltages.

Die Eltern werden engmaschig begleitet, um die Familie beim Abbau ungünstigen Erziehungsverhaltens (wie Überbehütung oder aggressives Verhalten) und dem Aufbau von unterstützendem Erziehungsverhalten und einem günstigen Umgang mit den Symptomen des Kindes und den übrigen Problembereichen zu unterstützen.
Weiterhin werden die Eltern auch zur Selbstfürsorge angeregt, um als stabile Eltern die Kinder stützen zu können.

  1. Indikationsspezifische Kinder-/Jugendgruppe

Mit den Kindern/Jugendlichen wird (wenn indiziert) ein indikations- und störungsspezifisches Gruppentraining durchgeführt. Es sollen folgende Trainingsgruppen angeboten werden: ein Gruppenangebot für Kinder, die durch Fremdtäter oder externe Faktoren traumatisiert wurden, eine Gruppe für Kinder intrafamilialer Gewalt (häusliche Gewalt, sexueller Missbrauch, Vernachlässigung, häusliche Gewalt) und eine Gruppe für Jugendliche, junge Erwachsene. Bei den indikationsspezifischen Gruppesitzungen handelt es sich stets um eine ausgewogene Mischung zwischen Vermittlung von Handlungswissen, praktischen Übungen, Rollenspielen und Entspannungsübungen und Auswertung von Alltagssituationen der Familie. Die Sitzungsthemen sind auf die Gruppenindikation abgestimmt (extern traumatisierte Kinder, intrafamiliale Traumatisierung). Inhaltliche Themen sind beispielsweise „Angst“, „Alpträume“, „Wohin mit meiner Wut“, „Was mir hilft“, „Was mir Kraft gibt“, „Normale Reaktionen auf unnormale Ereignisse“ und aktuelle Herausforderungen des Familienalltages. Die Kinder werden engmaschig begleitet, um den Aufbau von Selbstwert und Selbstwirksamkeitserwartung unterstützen zu können, weiterhin wird der Abbau von ungünstigen Verhaltensmustern angestrebt (Vermeidungsverhalten, Rückzug und Aggression).

  1. Familiengespräche

In regelmäßigen Abständen wird mit der Familie die aktuelle Familiensituation ausgewertet, die bisherigen Fortschritte hervorgehoben, Schwierigkeiten analysiert und Lösungswege erarbeitet. Die Familiengespräche sind insbesondere für heikle oder schambesetzte Themen geeignet, die in der Gruppe nicht erörtert werden können.

  1. Einzelgespräche

In regelmäßigen Abständen wird mit dem Kind bzw. der/dem Jugendlichen, jungen Erwachsenen die aktuelle Situation (Familie, Freunde, Schule) ausgewertet, die bisherigen Fortschritte hervorgehoben, Schwierigkeiten analysiert und Lösungswege erarbeitet. Die Einzelgespräche sind insbesondere für heikle oder schambesetzte Themen geeignet, die in der Gruppe nicht erörtert werden können.

  1. Psychiatrische Mitbehandlung

Nach der Eingangsdiagnostik wird über ein psychiatrisches Konsil entschieden. Wenn indiziert, soll auch während der Behandlung in enger Abstimmung die psychiatrische Behandlung erfolgen und in dem Behandlungsheft mitdokumentiert werden.

  1. Pädiatrische Mitbehandlung

Zu Beginn der Behandlung und fortlaufend alle drei Monte bis zum Ende der Behandlung sollen pädiatrische Konsile verpflichtend erfolgen. Entsprechend einer von der Praxis entwickelten Checkliste dokumentiert der behandelnde Kinder- oder Hausarzt den Ernährungszustand, Hinweise auf Unterversorgung (Verhungern, Verdursten, Mangelernährung), Hinweise auf körperliche Gewalt (Schlagspuren, Verbrennungen, Brüche etc.), Hinweise auf Vernachlässigung (Entwicklungsverzögerungen, Kleinwuchs etc).

  1. Fallbesprechung und Diagnostik

Fallbesprechungen
Regelmäßige Fallbesprechungen sichern die optimale Versorgung der Familie.

Diagnostik
Alle drei bis sechs Monate wird erneut eine Fragebogen-Diagnostik durchgeführt.

Stabilisierungsphase

In der Stabilisierungsphase sollen in regelmäßigen, sukzessiven sich verlängernden Abständen Familien- und Einzelgespräche stattfinden. In dieser Phase soll die Familie zunehmend autonomer werden, eigenständig Hilfestrategien entwickeln. Zum Ende der Behandlung soll die resümierende Zusammenfassung des Erreichten und antizipatorische Bearbeitung von Rückfällen erfolgen, anschließend soll die perspektivische Planung besprochen werden. Bei akuten Krisen (Rückfälle, Gefährdung des Kindeswohls, Gewalt gegen andere…) soll eine Krisenintervention angesetzt werden können, um notwendige Verhaltensänderungen oder Maßnahmen zeitnah besprechen und einleiten zu können, je nach Schweregrad in unterschiedlicher Sequenz.

Ausgangsphase

Post-Diagnostik
Inhalt dieser Phase sind traumaspezifische Diagnostik mit dem Kind bzw. der/dem Jugendlichen, traumaspezifische Diagnostik mit den Eltern, ein strukturiertes klinisches Interview zur Erfassung der ICD-10 Diagnosen mit den Eltern (z.B. DIPS), ein klinisches Interview mit dem Kind bzw. der/dem Jugendlichen und die Zielerreichungseinschätzung.

Konsil Kinderarzt oder Hausarzt
Jedes Kind bzw. jede/r Jugendliche erhält eine pädiatrische Abschlussuntersuchung beim behandelnden Kinder- oder Hausarzt. Hier werden anhand eines speziellen Leitfadens die somatische und psychosomatische Entwicklung im Rahmen des Vertrages erfasst und dokumentiert.

Auswertung, Fallbesprechung
In dieser Sequenz erfolgt die Auswertung und Interpretation der Testbefunde und der klinischen Interviews unter Hinzuziehung der pädiatrischen Konsiliarbefunde. Die Ergebnisse werden telefonisch oder direkt mit den MitbehandlerInnen erörtert. Im Rahmen interner und/oder externer Fallbesprechungen erfolgt die Beurteilung der Entwicklung unter Traumaphasenspezifischen Gesichtspunkten. Sind die Symptome remittiert, kann die Behandlung abgeschlossen werden und Follow-up Termine sollen vereinbart werden. Besteht die Notwendigkeit weiterführender Maßnahmen, wird darüber entschieden, welche weiterführenden ambulanten oder stationären Maßnahmen der Familie angeraten werden sollen.

Rückmeldung im Familiengespräch
In einem Rückmeldegespräch erhält die Familie detaillierten Einblick in die Ergebnisse der Begleit- und Abschlussdiagnostik im Vergleich zur Eingangsdiagnostik. Die Auswertung und Interpretation der Testbefunde, der klinischen Interviews und der Konsiliarbefunde werden der Familie verständlich dargelegt, sodass diese befähigt wird zu erkennen, wo positive Entwicklungen zu verzeichnen sind und wo noch Behandlungsbedarf besteht und ermutigt, Verhaltensänderungen fortzuführen. Follow-up-Termine werden vereinbart.

Nachbehandlung
In begründeten Fällen besteht die Möglichkeit, den Behandlungsverlauf um ein bis max. zwei Quartale zu verlängern. In diesem Zeitraum werden ausschließlich Einzelsitzungen durchgeführt. Innerhalb dieser Behandlungsstunden sollen noch vorliegende Symptome oder Beschwerden bearbeitet werden. Abschließend findet eine Rückfallprophylaxe statt.

Erwartete Ergebnisse

Von der traumaspezifischen ambulanten Versorgung von psychisch kranken Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden nach sexuellen, körperlichen und psychischen Traumata unter Einbeziehung der Eltern bzw. Bezugspersonen erwarten wir:

  • Reduzierung der psychischen Traumafolgestörungen, wie: überangepasstes Verhalten, Rückzug und Isolation, geringes Selbstwertgefühl, Kontakt- und Beziehungsstörungen, Scham- und Schuldgefühle, diffuse Ängste, Angststörungen (z.B. Phobien, Panikstörungen), Depressionen, Zwangsstörungen (z.B. Waschzwang), Posttraumatische Belastungsstörung, Ess-Störungen, aggressives Verhalten gegen andere oder sich selbst (Selbstverletzungen), Dissoziative Störungen (z.B. Dissoziative Identitätsstörung), Alkohol- und Drogenmissbrauch
  • Eine Verbesserung des Körperempfindens und des Schmerzempfindens, sowie der Bewegungskoordination
  • Eine positive Entwicklung im Bereich: Lernen und Gedächtnis
  • Eine Abnahme von Dissoziativen Symptomen
  • Eine Verbesserung der Affektregulation
  • Die Reduzierung unterschiedlicher psychischer Störungsbilder wie: Somatisierungsstörungen, Borderline-Persönlichkeitsstörung, Drogenabhängigkeit, selbstverletzendes Verhalten, Depressionen, Zwangsstörungen, Essstörungen, Angststörungen, Impulskontrollstörungen, Hyperaktivität etc.
  • Eine Verbesserung bei der Lösung von Alltagsproblemen
  • Eine verbesserte Eltern-Kind-Interaktion
  • Abbau ungünstigen Erziehungsverhaltens (wie Überbehütung oder aggressives Verhalten)
  • Aufbau von unterstützendem Erziehungsverhalten und einem günstigen Umgang mit den Symptomen des Kindes und den übrigen Problembereichen
  • Befähigung der Eltern zur Selbstfürsorge, um als stabile Eltern die Kinder stützen zu können.

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